Im Spätsommer klappert es wieder am Stadtbach …

    Das Herz der Schlossmühle Aarau wird mit viel Liebe zum Detail restauriert: Die alten Mahlsteine werden geschliffen, neu eingestellt und optimiert. Mit dem Nachbau einer historischen Senfmühle wird zudem ein altes Handwerk wiederbelebt. Die Kraft des Wassers in Kombination mit einem Elektromotor wird die beiden Mühlen antreiben. Lokal produzierte Bio-Lebensmittel wie Gewürze, Senf und Mehl verschaffen der Mühle neuen Schwung ins 2020. Urs Wälchli, Präsident Gesellschaft zur Schlossmühle Aarau, und Michael Morskoi Vizepräsident und Mitinhaber chalira Gwürzatelier Aarau, über dieses Herzensprojekt mitten in Aarau. Das Eröffnungsfest ist – Stand heute – für Anfang August geplant.

    (Bilder: zVg) Für chalira und die Gesellschaft zur Schlossmühle ist es eine Herzensangelegenheit, die nachhaltige Nahrungsmittelproduktion und das damit verbundene Handwerk in der Schlossmühle Aarau wieder zum Leben zu erwecken.

    Vor rund einem Jahr hat die erste Bauphase des Umbaus Schlösslimühle Aarau begonnen. Wie weit ist das Bauprojekt bereits fortgeschritten bzw. sind Sie damit auf Kurs?
    Urs Wächli: Im Herzen von Aarau, gleich neben dem Aarauer Schlössli und Stadtmuseum, steht das historische Gebäude der Schlossmühle. Das Gebäude wird 2019/2020 von Grund auf saniert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht: Die Sanierung und der Umbau der Schlossmühle ist auf Kurs und nähert sich bald dem Ziel. Der zukünftige Nutzer der Schlossmühle, das Gwürzatelier Chalira wird zu Beginn des Sommers in die Mühle einziehen und alles Notwendige für die Mehl-, Senf- und Gewürzproduktion vorbereiten. Noch im Umsetzung sind gewisse Teile des Innenausbaus und der ganze museale Auf- und Ausbau.

    Wie ist das Schlossmühleprojekt entstanden?
    Urs Wächli: Die Stadt Aarau hat bereits im 2017/2018 entschieden, die alte Mühle vom Stadtmuseum abzutrennen und für eine neue Nutzung auszuschreiben. Unter über 30 Bewerbern hat die kleine aber feine Aarauer Firma Chalira Gwürz­atelier den Zuschlag erhalten, in der Mühle ihre nachhaltigen und innovativen Gewürze und Gewürzmischungen zu produzieren. Aus diesem Zuschlag ist letztlich die Idee entstanden, die Mühle in Zusammenarbeit mit der Stadt Aarau umfassend zu sanieren und neu als Mehl, Senf- und Gewürzmühle zu betreiben und der Öffentlichkeit für Führungen, Mahltage und als Erlebnisort zugänglich zu machen. Die alte Getreidemühle braucht viel Pflege vom Mühlendoktor, und die neue Senfmühle soll für richtig gute Würze in der Schlossmühle sorgen. Und im Kern steht die Chalira Gewürzproduktion und der neue Chalira Verkaufsladen; beides befindet sich derzeit noch am hinteren Ochsengässli in Aarau, ist aber bereits «auf dem Sprung» in die Schlossmühle.

    Wie sieht das Produktionskonzept aus?
    Urs Wächli: Als regionale Gewürz- und Senfmühle seit 2011 legt die Firma Chalira den Fokus auf das «alte» Handwerk das in der Schlossmühle neu «hinter Glasscheiben» erlebbar ist, ähnlich einer Schaukäserei. Die Rohstoffe und Produkte sind naturbelassen bio-zertifiziert. Der Fokus im Einkauf liegt auf der Zusammenarbeit mit Kleinbauern aus der Region und der Schweiz, Deutschland und Österreich sowie faire Rohstoffe aus Kooperativen in Griechenland, Sri Lanka, Südindien, Nepal, Kambodscha und Madagaskar. Die Mehlmühle selbst wird rein museal betrieben und vermahlt Korn aus regionalem Bioanbau.

    Bald läuft das Mühlenrad der Schlossmühle Aarau nicht mehr im Leerlauf.

    Gewürzmüller Michael Morskoi der Aarauer Firma chalira produziert neue Gewürzkreationen. Welche Gewürze sind besonders im Trend?
    Michael Morskoi: Die Geschmäcker sind bekanntlich sehr verschieden, aber traditionelle Schweizer Kräutersalze, Käsegewürz oder Exoten wie der violette Curry und das Harissa sind seit Jahren im Trend. Privatkunden, Gastronomen sowie Firmen für Kundengeschenke schätzen die hohe Qualität und die frisch produzierten Produkte. Chalira produziert auch Nischenprodukte, es gibt viele Liebhaber für das Schokoladengewürz, Aschensalz für den Tequila oder das Tannensalz.

    Was braucht es bis eine neue Gewürzkreation produziert und zum Verkauf bereitsteht?
    Michael Morskoi: Manche Kreationen entstehen aus bereits bestehenden Ideen, Eingebungen oder aus dem Moment heraus. Andere Kreationen entstehen durch Aufträge von aussen wie zum Beispiel das regionale Mittelaltergewürz «Poudre Forte» für das Museum Aargau. Die Recherchen waren sehr intensiv und es war eine enge Zusammenarbeit mit Historikern. Der Einkauf der passenden Rohstoffe ist je nach Mischung eine Herausforderung, manchmal wird in Zusammenarbeit mit Bauern etwas extra angebaut, das kann schon auch mal ein Jahr gehen. Ein wichtiger Teil der Chalira Produkte ist auch der Auftritt – das sind viele Stunden mit dem Kreativstudio mit den passenden Farben, Zeichnungen und Namen, in der Quintessenz, viel Herzblut von der Idee bis zum fertigen Produkt!

    Sie möchten das alte Handwerk wiederaufleben lassen und das wertvolle Mühlengut der Öffentlichkeit zugänglich machen. Wie sieht diese Idee konkret aus?
    Michael Morskoi: Die Schlossmühle soll als Zentrum der nachhaltigen, modernen Gewürzherstellung und des Mühlehandwerks in der Region verankert werden. Die Produktion wird so wieder sozusagen hautnah erlebbar: Wie eine Schaukäserei für Gewürzmischungen, Senf und Mehl. Damit wir wieder eine nähere Beziehung zu unserer Nahrungsmittelproduktion erhalten und die Menschen hinter den Produkten kennenlernen.

    Was sind die grössten Herausforderungen des Mühleprojektes?
    Urs Wächli: Für die Umsetzung eines Projekts dieser Grössenordnung, Langfristigkeit und Komplexität. Wir sind auf vielfältige Unterstützung und Wohlwollen angewiesen. Wir sehen uns in der glücklichen Lage, dass wir angefangen bei der Stadt Aarau viele uns gut gesinnte und innovative Partner und ehrenamtliche Unterstützerinnen und Unterstützer respektive Helferinnen und Helfer haben. Besonders hervorheben möchten wir dabei, unseren Architekten David Flores von der Firma baustube, und Kurt Fasnacht unseren Mühledoktor, der die aufwändige Wiederinstandstellung der Getreidemühle vornimmt und in Zukunft betreiben wird. Auch haben wir einen fantastischen Vereinsvorstand. Letztlich sind es wie bei jedem Projekt, das einen solchen Umfang vornimmt die Finanzen und das Fundraising, insbesondere in den gegenwärtigen Zeiten, die eine besondere Herausforderung darstellen. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir die benötigten Mittel zeitgerecht beschaffen können, um dieses ausserordentlich spannenden und befriedigende Projekt fertigstellen zu können. Aber wie gesagt, jede Hilfe und jeder Beitrag ist herzlich willkommen.

    Für die Finanzierung arbeiten Sie mit lokalhelden.ch der Raiffeisen zusammen. Funktioniert das gut?
    Urs Wächli: Das Crowdfunding ist sehr gut angelaufen, die erste Finanzierungsschwelle erscheint bereits am – wenn auch noch etwas entfernten – Horizont. Der Weg zum angestrebten finalen Finanzierungsziel ist allerdings anspruchsvoll. Wir sind aber überzeugt, dass das Projekt eine grosse Strahl- und Begeisterungskraft hat und über weite Kreise hinaus mobilisieren kann. Tatsächlich sind wir auf diese Unterstützung auch angewiesen. Die Zusammenarbeit mit den Betreibern der Crowdfunding-Plattform von lokalhelden funktioniert dabei sehr gut.

    Wo stehen Sie finanziell?
    Urs Wächli: Das Crowdfunding ist eine wichtige Finanzierungsinitiative für das Kernstück der Mühle, das heisst die Getreidemühle und die Senfmühle. Wir sind auch mit Partnern und Sponsoren im Gespräch, was die weiteren Ausbauschritte betrifft. Zudem haben wir für den musealen Teil des Umbaus einen substanziellen Beitrag vom Aargauer Swisslos-Funds erhalten, was uns sehr freut und zugleich grossen Antrieb gibt. Wir freuen uns über alle Partner- oder Gönnerschaften und Unterstützung im Zusammenhang mit unserem Projekt. Wir sind zuversichtlich, dass wir das Projekt zeitgerecht umsetzen und für die Öffentlichkeit öffnen können.

    Wann kann das neue Schmuckstück am unteren Aarauer Stadtbach eingeweiht werden?
    Michael Morskoi und Urs Wälchli: Im Spätsommer oder Herbst 2020. Die Vorfreude ist bereits jetzt schon sehr gross. Das Museum «Schlossmühle» mit seinen Geschichten rund um das Mahlen und die nachhaltige Nahrungsmittelherstellung und die Schaumühle werden ihren Betrieb spätestens im 2021 aufnehmen.

    Interview: Corinne Remund


    Über chalira: Mit viel Sorgsamkeit und Leidenschaft kreiert das Team mit und um Gründer Michael Morskoi einzigartige Gewürzmischungen, Würzpasten und Senf. Das geschieht möglichst saisonal, mit Verstand und natürlich von Hand. Biologische Rohstoffe aus der Schweiz und aller Welt ermöglichen hohe Qualität und grossartige Aromen.

    Weitere Infos: www.chalira.ch


    Über die Gesellschaft zur Schlossmühle Aarau: Die «Gesellschaft zur Schlossmühle Aarau» wurde im Sommer 2018 als Verein ins Leben gerufen, mit dem Zweck den Umbau, die Wiedereröffnung und den erfolgreichen Betrieb der Schlossmühle zu fördern. Der Verein unterstützt die Müller von Chalira bei der Neueinrichtung und beim Betrieb des Mühleraums. Zudem ist er für die öffentlichen, musealen und kulturellen Aktivitäten der Schlossmühle zuständig. Geplant sind Mahltage für die Aarauer Schulen, Anlässe in und um die Mühle und die Vermietung des Vereinslokals im Dachgeschoss als Ort des kreativen Denkens. Mit kulturellen und musealen Anlässen in und um die Mühle(n) will die «Gesellschaft zur Schlossmühle Aarau» die Gemeinschaft pflegen. Gemeinsam soll altes Handwerk wiederaufleben. Das wertvolle Mühlengut soll für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Eine Mischung aus historischer Handwerkskunst und moderner Genussvielfalt für und mit Aarau stehen dabei im Zentrum. Als Verein ist die «Gesellschaft zur Schlossmühle Aarau» auch Mitglied der Vereinigung Schweizerischer Mühlefreunde und unterstützen damit den Erhalt historischer Mühlen in der ganzen Schweiz.

    Weitere Infos unter: www.muehleaarau.ch

    Vorheriger ArtikelDie Corona der Schöpfung
    Nächster ArtikelDoctor Eyepoint