«Oft braucht es nicht viel, um die eigene Sicherheit zu verbessern»

    Stefan Blum, Inhaber Sicherheitsberatungen-Blum, hat sich zum Sicherheitsexperten besonders für ältere Menschen spezialisiert. Dabei setzt er auf die mentale Vorbereitung und gibt der älteren Generation spielerisch Inputs, um ihre Sicherheit zu verbessern. Hier gibt er einen Einblick in seine langjährige Erfahrung und seine Tätigkeit in den Diensten der Sicherheit.

    (Bild: zVg) Als Sicherheitsexperte für ältere Menschen gibt Stefan Blum der Prävention mehr Raum.

    Sie haben sich nach vielen Jahren als Kantonspolizist und Sicherheitschef von diversen Firmen selbstständig gemacht. Was hat Sie dazu bewogen?
    Stefan Blum: Die Sicherheit liegt mir am Herzen und ich bin seit fast 30 Jahren in diesem Bereich tätig. Die Prävention ist bei der Polizei und auch in der Privatwirtschaft zwar immer auch ein Teil vom Auftrag, kommt jedoch leider in der täglichen Arbeitsbelastung oft zu kurz. Ich habe deshalb bereits seit vielen Jahren daran herumstudiert, eine eigene Firma zu gründen, um der Prävention mehr Raum geben zu können.

    Ihre Kernkompetenz sind Sicherheitsberatungen für Seniorinnen und Senioren. Wieso gerade ältere Meschen?
    Ich habe in meiner Zeit als Kantonspolizist viel Leid und Unrecht gesehen. Erwachsene Menschen können sich in aussergewöhnlichen Situationen meist selbst helfen oder wissen, wo sie Hilfe holen können. Kinder unterliegen einem besonderen Schutz und fallen daher meist in ein engmaschiges Netz aus Betreuung und Hilfe. Ältere Menschen hingegen sind oft allein und hilflos. Das hat mich immer gestört und dazu bewogen, mich auf diese Gruppe von Menschen zu spezialisieren. Zudem verstehe ich mich besonders gut mit älteren Menschen und kann ihre Ängste und Sorgen gut nachvollziehen.

    In welchen Bereichen sind ältere Menschen besonders gefährdet?
    Ältere Menschen sind naturgemäss nicht mehr so agil wie jüngere Leute. Das Gehör, die Augen, die Reaktion, die Kraft und die Geschwindigkeit lassen nach. Das macht sie in vielen Bereichen anfälliger. Gerade beim Autofahren werden diese Eigenschaften mehr denn je abverlangt. Es lohnt sich deshalb, die eigenen Fahrfertigkeiten zu hinterfragen und sich für mögliche Notsituationen, welche im Strassenverkehr eintreten könnten, geistig vorzubereiten. Auch zu Fuss, mit der umgehängten Handtasche oder dem Portemonnaie in der Hosentasche, werden ältere Menschen eher Opfer von Dieben oder Trickbetrügern.
    In den letzten Jahren besonders aufgekommen sind die Betrügereien am Telefon oder im Internet. Dabei wird das «Helfersyndrom» der älteren Generation schamlos ausgenutzt und mit enormem Druck und mit Drohungen werden die Opfer völlig überfordert und zu Handlungen genötigt, die sie unter normalen Umständen nie tun würden.

    Momentan werden die Tage wieder kürzer und Einbrecher werden wieder aktiv. Wie können sich Senioren gegen Einbrecher schützen?
    Erstaunlicherweise werden die meisten Einbrüche in Wohnhäuser tagsüber getätigt. An einem heissen Sommertag lässt man ein Fenster schräg gestellt oder gar geöffnet, was eine Einladung für Einbrecher ist. Aber natürlich auch mit der dunklen Jahreszeit treten die lichtscheuen Einbrecher wieder vermehrt auf. Die Massnahmen einer guten Prävention stehen auf drei Säulen. Organisatorische Massnahmen wie z.B. die Nachbarschaftshilfe, die baulichen- und technischen, sowie die elektronischen Massnahmen. Wichtig dabei ist jedoch, dass man sich gut überlegt, welche Massnahmen passend sind. Zum Beispiel nützt eine tolle und teure Alarmanlage nichts, wenn man sich damit nicht wohlfühlt und aus Angst vor Fehlmanipulationen die Anlage dann nicht mehr benutzt. Zudem muss man sich auch immer vor Augen halten, dass es keine 100 prozentige Sicherheit gibt. Daher ist immer der gesunde Menschenverstand gefragt.

    (Bild: PEXELS) Sicherheit selber beeinflussen: Augen offenhalten, aufmerksam durchs Leben gehen und sich der Zeit anpassen

    Internet, respektive Digitalisierung sind auch immer wieder Herausforderungen für ältere Menschen. Welche Gefahren lauern da?
    Hand aufs Herz. Viele von uns sind mit der heutigen Digitalisierung oft überfordert. Ältere Menschen möchten auch am heutigen Fortschritt teilhaben und versuchen ihr Bestes um mitzuhalten. Da leider viele ältere Menschen allein sind und bei einem Problem niemanden fragen können, kommt es manchmal zu einem «Klick» zu viel, was verheerende Konsequenzen haben kann. Auch ist es wichtig, stets die nötigen Updates zu machen oder die Daten regelmässig zu sichern – nicht immer ganz einfach für ältere Menschen.

    Bekannt ist der sogenannte Enkeltrick. Wie funktioniert dieser Betrug und wie schützt man sich dagegen?
    Bei einem solchen Anruf wird das Opfer mit einer Schocknachricht überrumpelt und massiv unter Zeitdruck gesetzt. Dieser Druck wird so lange aufrechterhalten, bis das Opfer bereit ist, in irgendeiner Form, zu bezahlen. Mit dem Einzug von Künstlicher Intelligenz (KI) hat auch diese Betrugsmasche neue Formen angenommen. So kann man heute die Stimme von jemandem mittels KI so nachstellen, dass das Opfer das Gefühl hat, wirklich mit dieser Person zu telefonieren. Besonders dreist finde ich die Methode, wonach die Betrüger eine Person anrufen, welche bereits Opfer geworden ist und dabei behaupten, dass sie eine Firma repräsentieren, welche sich darauf spezialisiert habe, das Geld der Opfer von den Tätern zurückzuholen. Um ihre Tätigkeiten jedoch aufnehmen zu können, müssten sie vorab eine Anzahlung haben.

    Ebenso werden immer wieder (ältere) Leute Opfer des Liebes-Betrug. Wie vermeidet man das?
    Oft sind ältere Menschen einsam und sehnen sich nach Gesellschaft und Geborgenheit. Aus diesem Grund suchen sie auf den gängigen Vermittlungs-Plattformen nach einem Partner. Dort tummeln sich aber auch viele Betrüger, welche irgendwo im Ausland sitzen und der suchenden Person ihre vermeintlich grosse Liebe bekunden. Nach vielen gemeinsam geschmiedeten Plänen möchte man sich nun endlich einmal persönlich treffen und vereinbart, dass der neue «Partner» in die Schweiz reist. Leider gibt es dann plötzlich Komplikationen. Eine Geldüberweisung würde das vermeintliche Hindernis jedoch beseitigen, was dann leider dazu führt, dass die Beziehung beendet wird und das Geld verloren ist. Oft würde es helfen, wenn man die Situation einmal nüchtern und aus einer gewissen Distanz betrachten oder sich jemandem anvertrauen würde. Bei Zweifel darf man sich auch an die Polizei wenden und um Rat fragen.

    Sie setzen auf einfache Mittel und Massnahmen. Können Sie das erklären?
    Oft braucht es nicht viel, um die eigene Sicherheit zu verbessern. Beim Thema Einbruch zum Beispiel versuche ich aufzuzeigen, wie ein Einbrecher funktioniert, was er will, was ihm hilft und was für ihn unangenehm ist. Daraus abgeleitet zeige ich dann auf, welche Massnahmen getroffen werden können, um einem Einbrecher das Leben schwer zu machen. Dabei steht nicht im Vordergrund, dass man sein zu Hause in eine Festung verwandeln soll, sondern mit gezielten und vernünftigen Massnahmen viel ausrichten kann.
    Eine besondere Spezialität von mir ist jedoch die mentale Vorbereitung. Dahinter steht die Tatsache, dass wir z.B. stundenlang eine fremde Sprache üben, damit wir diese bei Bedarf dann auch anwenden können. Üben wir aber auch unangenehme Dinge wie z.B. was ich machen muss, wenn ich nachts Einbruchgeräusche höre, mitten auf der Autobahn eine Panne habe oder nach dem Geldbezug am Automaten von Jugendlichen bedrängt werde? Ich zeige spielerisch auf, wie man sich auf solche Situationen vorbereiten kann und damit im Bedarfsfall auch weiss, wie man sich verhalten muss.

    Wie sicher ist die Schweiz für ältere Menschen?
    Das ist schwierig zu beantworten und sicher auch subjektiv. Einerseits gilt die Schweiz als reiches Land, wo man gut «Beute» machen kann. Andererseits haben wir zum Glück nicht Verhältnisse wie z.B. in gewissen Ländern in Südamerika. Ich denke, dass wir es in der Schweiz grundsätzlich immer noch sicher haben. Aber wir alle müssen jederzeit wachsam sein und uns an die neuen Zeiten anpassen.

    Was wünschen Sie sich bezüglich Sicherheit in der Schweiz, wo gibt es noch Potenzial?
    Wie oft wurde ich als Polizist mit der Aussage konfrontiert, dass ich den Falschen erwischt hätte und viel lieber die anderen, die viel schlimmer sind, jagen müsste. Alle wünschen sich mehr Sicherheit. Alle wünschen sich aber auch mehr Freiheit. Oft führt das zum Konflikt. Ich denke, dass wir einen grossen Teil unserer Sicherheit selbst beeinflussen können. Wenn wir alle etwas aufmerksamer mit uns und unserem Umfeld wären, könnten wir die Sicherheit in der Schweiz massiv erhöhen. Mit offenen Augen durchs Leben gehen, aufmerksam bleiben und mit der Zeit gehen sowie den gesunden Menschenverstand walten lassen, das wäre mein Wunsch.

    Interview: Corinne Remund

    www.sicherheitsberatungen-blum.ch

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